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Steht uns ein Jahrhundertsommer bevor?

In diesen Tagen gibt es vermehrt Meldungen, dass in Europa angeblich ein Jahrhundertsommer bevorstehen könnte. Wie viel Wahrheit steckt in dieser Aussage? Wir geben einen Überblick.
Hitze im Sommer. © AdobeStock
Hitze im Sommer. © AdobeStock

Zurzeit gibt es in den Medien gehäuft Schlagzeilen, dass laut manchen Meteorologen in Europa ein „Jahrhundertsommer“ mit Temperaturen um 40 Grad und mehr zu erwarten sei. Diese Aussagen stammen von einzelnen Plattformen, die gezielt Aufmerksamkeit erhalten wollen (Stichwort Clickbaiting). Sie sind allerdings deutlich überspitzt und zum Teil sogar unseriös.  Generell werden auch zwei Themen vermischt: Die mittlere Sommertemperatur und die absoluten Höchstwerte. Die verfügbaren Modelle geben nämlich nur einen Hinweis auf ersteres, während die absoluten Höchstwerte von einzelnen Wetterlagen abhängen. Erst im Vorjahr gab es ein Paradebeispiel: Der Sommer war etwa in Wien der wärmste seit Messbeginn, es gab aber eine Höchsttemperatur von „nur“ 36,7 Grad, was deutlich unter dem Wiener Rekord von 39,5 Grad aus dem August 2013 liegt.

Aktuelle Modellprognosen

Ursache für die aktuellen Schlagzeilen sind die neuesten saisonalen Modellberechnungen der internationalen Wetterdienste. Diese werden einmal im Monat veröffentlicht, und zwar am 10. Tag des Monats. Da der meteorologische Sommer vom 1. Juni bis zum 31. August geht, war dies das letzte Update vor dem Sommerbeginn.

Multimodell-Prognose der Temperaturabweichung im Sommer 2025.

Im Mittel geben die neun Wettermodelle ein recht eindeutiges Signal für den kommenden Sommer in Europa. Von West nach Ost gibt es Abweichungen zwischen etwa +1 und +2 Grad im Vergleich zum Modellklima von 1993 bis 2016. Im Detail gibt es von Modell zu Modell aber Unterschiede: So sind einzelne Modelle besonders extrem, wie etwa das kanadische Modell ECCC, während andere geringere Abweichungen berechnen, wie das amerikanische NCEP-Modell.

Besonders extrem ist die Anomalie im kanadischen Modell (im Ostalpenraum um +2 Grad Abweichung) ↙️, weniger ausgeprägt fällt dagegen die Berechnung der Amerikaner aus (um +1 Grad Abweichung) ↘️.

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— Nikolas Zimmermann (@nikzimmer87.bsky.social) 12. Mai 2025 um 18:33

Feucht oder trocken?

Man kann also mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass der Sommer 2025 wärmer bzw. vermutlich sogar deutlich wärmer als üblich ausfallen wird. Ob der Sommer aber feuchtwarm wie etwa im Vorjahr oder trocken-heiß mit extremen Hitzepeaks verlaufen wird, kann man daraus allein nicht ableiten. Das hängt von den vorherrschenden Großwetterlagen und den Niederschlagsmengen ab. Deren Prognosen sind aber mit noch größeren Unsicherheiten behaftet, als jene der Temperatur.

Multimodell-Prognose der Niederschlagsabweichung im Sommer 2025.

Im Mittel deuten die Modellberechnungen derzeit auf einen etwas zu trockenen Sommer in Mittel- und vor allem in Osteuropa hin. Die Berechnungen gehen aber weiter auseinander als jene der Temperatur, so deuten einzelne Modelle sogar auf leicht überdurchschnittliche Niederschlagsmengen in den Alpen hin. Beim Niederschlag können zudem immer häufiger einzelne Wetterlagen über die Bilanz entscheiden, da der Wasserkreislauf durch den Klimawandel intensiviert wird. Es kann also wochenlang trocken sein, und dann bei passender Wetterlage innerhalb von ein oder zwei Tagen der gesamte Monatsniederschlag fallen. In den Alpen gibt es zudem oft große Unterschiede auf engem Raum.

Die Berechnungen gehen auch etwas mehr auseinander als bei der Temperatur: Das amerikanische Modell deutet auf etwas mehr Niederschlag in den Alpen hin ↙️, während u.a. das französische Modell im Ostalpenraum generell auf etwas zu trockene Bedingungen hindeutet ↘️.

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— Nikolas Zimmermann (@nikzimmer87.bsky.social) 12. Mai 2025 um 18:33

Was ist ein Jahrhundertsommer?

Ähnlich wie die Angabe „Jahrhunderthochwasser“ verliert auch der Begriff „Jahrhundertsommer“ im Zuge des Klimawandels seinen Sinn. Der Begriff ist zwar interessant, um statistische Vergleiche mit dem vergangenen Klima zu ziehen, allerdings müssen wir uns in Zukunft immer häufiger auf Jahrhundertereignisse einstellen, wenn wir Vergleiche mit einem langjährigen Mittel machen, weil sich das Klima derzeit relativ rasch verändert: Was damals selten war, wird in Zukunft mitunter üblich sein.
Etwa wird ein Jahrhundertsommer wie 2003 schon in wenigen Jahren unser neuer Durchschnitt sein. Die Frage ist also, wie wird ein Rekordsommer im Jahre 2030, 2050 oder 2100 aussehen? Auf jeden Fall wesentlich wärmer als der Sommer 2003. Der Begriff „Jahrhundertsommer“ soll also Synonym für „Rekordsommer“ sein, wobei es u.a. in Wien erst im Vorjahr einen neuen Rekord gab.

Wie viele Jahrhundertsommer gab es in den vergangenen Jahren?

Die absoluten Höchstwerte spielen dabei nur eine Nebenrolle. Im Sommer 2024 gab es außergewöhnlich viele Hitzetage sowie Tropennächte, aber keine extremen Hitzepeaks um 40 Grad wie etwa im Sommer 2013. Am Ende ist für die Sommerbilanz der Durchschnitt entscheidend, und ein durchgehend warmer Sommer hat eine höhere Wahrscheinlichkeit auf Platz 1 zu landen, als ein Sommer mit einzelnen, aber dafür extremen Hitzewellen (mehr dazu: Wie entstehen Hitzewellen?).

Im Jahr 2024 wurde u.a. in Wien ein neuer Rekord an Hitzetagen aufgestellt. Der absolute Höchstwert war mit 35 Grad an der Station Hohe Warte aber vergleichsweise unauffällig (der Rekord liegt bei 38,5 Grad im August 2013).

Mittlerweile kann man jedes Jahr von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für einen Rekordsommer ausgehen, da die Anzahl und Intensität von Hitzewellen durch den Klimawandel zunimmt. Alle paar Jahre wird man mit solche einer Aussage also ohnehin recht haben. Ob es heuer der Fall sein wird, ist aber noch alles andere als abgesichert.

Zusammengefasst

Ja, Europa steht vor der zunehmenden Gefahr, dass extreme Hitzewellen, die früher als „Jahrhundertsommer“ galten, künftig zur neuen Normalität werden. Diese Entwicklung ist eng mit dem Klimawandel verknüpft. Wir können daher auch sagen, dass der Sommer 2025 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit wärmer als im Mittel abschneiden wird.

Nein, wir wissen nicht, ob der Sommer 2025 in Mitteleuropa Temperaturen um 40 Grad bringen wird. Wir wissen auch noch nicht, ob der Sommer ein neuer „Rekordsommer“ wird.

Nein, wir wissen auch noch nicht, ob in Mitteleuropa ein eher unbeständiger Sommer oder ein sehr tockener Sommer bevorsteht. Die Wahrscheinlichkeit für Phasen mit Trockenstress ist aber erhöht, weil das Frühjahr gebietsweise sehr trocken war und weil in einer wärmeren Atmosphäre allgemein die Verdunstung höher ausfällt.

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